miteinander inklusive!

Wie verändert die inklusive Arbeit die Beteiligungsprozesse der kulturellen Bildung?

Projektlaufzeit: 01.01.2016 bis 31.12.2016

Das Projekt wurde gefördert durch den Innovationsfond für Projekte zur Förderung der eigenständigen Jugendpolitik des Bundesministeriums für Familie, Senioren Frauen und Jugend.

Das Projekt „miteinander inklusive!“ war ein Projekt der Deutschen Bläserjugend (DBJ) in Kooperation mit der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e.V. (BKJ) und der Bundesvereinigung Deutscher Orchesterverbände e.V. (BDO), das sich der Frage gewidmet hat, wie die inklusive Arbeit die Beteiligungsprozesse der kulturellen Bildung verändert? Ein Team aus jungen Ehrenamtlichen sollte während der Projektlaufzeit hinterfragen, wie sich Prozesse in der kulturellen Bildung verändern oder bereits verändert haben, wenn dort ein inklusives Miteinander gelebt und konsequent umgesetzt wird und sich dadurch z.B. Zielgruppen erweitern oder neue bzw. alternative Zugänge zur jugendverbandlichen Arbeit geschaffen werden müssen. Wie beeinflusst Inklusion also eine neue Beteiligungskultur und Mitbestimmungsprozesse und wie wirkt sich dies auf alle Mitglieder und Teilnehmenden aus?

Ziel des Projektes war es, die Erfahrungen und Erlebnisse aus den unterschiedlichen Projekten im Innovationsfonds Kulturelle Bildung greif- und erlebbar zu machen und gleichzeitig einen theoretischen Diskurs anzustoßen. Prozesse sollten aus jugendlicher Perspektive hinterfragt, analysiert und sichtbar gemacht werden. Für das Projekt wurden explizit junge Menschen als Beobachter:innen gesucht. Sie sind die Expert:innen für ihre eigene Peer Group, ihre Bildung und ihren Sozialraum sind und ihren ganz eigenen, authentischen Blick auf das Thema mitbringen. Die Jugendlichen sollten die geförderten Projekte vor dem Hintergrund ihrer eigenen Erfahrungen in der kulturellen Bildung reflektieren und diskutieren. Das Projekt konnte und wollte in der Kürze der Zeit keine wissenschaftliche Forschung durchführen, sondern die Projekte im Innovationsfonds Kulturelle Bildung authentisch, nachhaltig und zielgruppenorientiert betrachten.

Beim Start-Workshop in Berlin im Frühjahr 2016 kamen das ehrenamtliche Projektteam und die Projektleitung erstmalig zusammen, um gemeinsam einen Fragenkatalog zur Beobachtung der einzelnen Projekte zu entwickeln. Der Fokus bei diesem Workshop lag zunächst auf einer Verständigung auf eine gemeinsame Definition der Begriffe „Inklusion“ und „Partizipation“ sowie auf einem Abgleich der bisherigen Erfahrungen der Jugendlichen in beiden Themenfeldern. In einem zweiten Schritt lernten die Jugendlichen die unterschiedlichen Projekte aus dem Innovationsfonds Kulturelle Bildung sowie deren Schwerpunkte kennen. Anschließend ging es an die Entwicklung eines Fragenkataloges, mit Hilfe dessen die unterschiedlichen Projekte betrachtet werden sollten. Die Fragen gliedern sich grob in die Bereiche Projektentstehung und Ziele, Teilnehmende und Öffentlichkeitsarbeit, Herausforderungen und deren Lösungen, Reflexion des Projektes und Nachhaltigkeit sowie natürlich die zentrale Frage, wie die inklusive Arbeit die Beteiligungsprozesse im Projekt und beim Träger verändert hat. Darüber hinaus wurde über geeignete Kommunikationswege und die mögliche Nutzung verschiedener Online Plattformen diskutiert.

Parallel zum Projektverlauf fand ein stetiger Austausch mit verschiedenen Partnern aus dem Bereich Inklusion und Kulturelle Bildung statt. Bei dem Fachtag „AllerArt Inklusion“ der BKJ im Juni 2016 in Essen trafen sich Vertreter:innen der Projekte aus dem Innovationsfonds Kulturelle Bildung mit Fachkräften aus den Bereichen Inklusion und Kulturelle Bildung zum gemeinsamen Austausch und Fachdiskurs. Über die Koordinierungsstelle „Handeln für eine jugendgerechte Gesellschaft“, die zentraler Gestaltungspartner des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zur Umsetzung der Jugendstrategie 2015-2018 ist, konnten einige Jugendliche des Projektes im September 2016 an der Jugendkonferenz in Berlin teilnehmen. Die Jugendlichen konnten ihre Expertise in den Prozess der Umsetzung der Jugendstrategie des BMFSFJ einbringen. Die Konferenz in Berlin war die erste Gelegenheit, bei der viele Jugendliche aus verschiedenen Organisationen zusammen kamen, um die Jugendstrategie nach einem Jahr Laufzeit zu bewerten. Die meisten Jugendlichen waren als Vertreter:innen der sogenannten Referenzkommunen nach Berlin gereist. Umso spannender war es, dass über das Projekt „miteinander inklusive“ und die Deutsche Bläserjugend auch Jugendliche aus der kulturellen Bildung ihre Expertise bei der Jugendkonferenz einbrachten.

Um die Projektergebnisse zu bündeln und mit einem breiteren Publikum zu diskutieren fand Anfang November 2016 in Kooperation mit dem DBJ-Projekt „Vielfalt? Bläser? Klasse!“ die Fachtagung „einfach // weiter // machen“ in Mainz statt. Neben der Vorstellung der Projektergebnisse aus beiden Projekten ging es hier vor allem um theoretische Impulse aus verschiedenen Bereichen der Kulturellen (Jugend-)Bildung und der Jugendverbandsarbeit. Mehr als 60 Teilnehmende diskutierten und arbeiteten ein Wochenende lang in verschiedenen Workshops zu den unterschiedlichsten Themen. Eingerahmt wurde die Fachtagung durch zwei theoretische Vorträge von Dr. Markus Scholz „Inklusion – Was ist es und wenn ja, wie viele?“ und Dr. Anna Grebe „Batman oder Bettler – wie „normal“ sind Menschen mit Behinderung in den Medien“. Beide Vorträge schafften es, aus unterschiedlicher Perspektive einen zu Diskussionen anregenden Blick auf das Thema Inklusion zu geben. In den jeweils anschließenden Workshops wurden sowohl die beiden Projekte der Deutschen Bläserjugend als auch die Impulsvorträge vertieft. Darüber hinaus ermöglichten verschiedene Projekte aus dem Innovationsfonds durch ihre Workshops einen Blick über den Tellerrand musikalischer Jugendbildung. Uwe Kramer, Villa Jühling e.V., ging in seinem Workshop auf die Thematik „Zielgruppe „ALLE“ oder von der Unmöglichkeit inklusiver Veranstaltungsplanung“ ein. Dr. Anna Grebe arbeitete in ihrem Workshop zum Thema „Kooperation auf Augenhöhe – Jugendverbände werden inklusiv“ und Gunnar Fasold vom Projekt „Dialog TheArt“ gab einen Einblick in die Erprobung innovativer Peer-to-Peer Ansätze im Jugendtheater. Bei der das Wochenende abschließenden Podiumsdiskussion wurde noch einmal deutlich, dass es gute Rahmenbedingungen für gelingende inklusive Arbeit braucht, da diese sich stetig weiterentwickelt und die eigenen Ansätze immer wieder hinterfragt werden müssen.

Hieran schließen auch die Ergebnisse von „miteinander inklusive“ aus den Befragungen der Projekte im Innovationsfonds Kulturelle Bildung an. Wie inklusive Arbeit umgesetzt werden kann, hängt von verschiedensten Faktoren ab. In den meisten Projekten wurde klar, dass man sich von der Zielgruppe „Alle“ verabschieden muss. Für gute inklusive und partizipative Arbeit ist es nicht immer möglich alle mitzunehmen und diesen Anspruch zu haben, kann in der praktischen Arbeit schnell zu einer Überforderung der Teilnehmenden führen. Darüber hinaus haben Jugendliche oft eine andere Sichtweise auf Inklusion und Kategorien wie Behinderung oder Migrationsgeschichte spielen kaum eine bzw. keine Rolle. Während Erwachsene sich hier oft viele Gedanken machen, wie gut inkludiert werden kann, setzten Kinder und Jugendliche oft sehr pragmatische Lösungen an und bekommen in den jeweiligen Projekten einen geschützten Raum geboten, um sich und eben diese Lösungen auszuprobieren. Die Herausforderung ist hier, sich dem Thema Inklusion zu nähern, ohne nur oder zu sehr auf die Schiene „Behinderung“ zu kommen. Es gibt die einflussreicheren Prozesse oft eher im Bereich der sozialen Unterschiede und bei der Frage, wie diese überwunden werden können. Hier finden sich viele Problematiken im Bereich der finanziellen Förderung, die oft schwerer zu lösen sind als z.B. die Mitnahme von einem Menschen im Rollstuhl.

Klar wurde an vielen Stellen erneut, dass Inklusion mehr als nur Barrierefreiheit ist. In vielen Projekten hat sich durch das konsequente Leben eines inklusiven Miteinanders der Anspruch an die eigene Arbeit geändert. Deutlich wurde auch, dass Inklusion und Partizipation zwei Seiten einer Medaille sind, die für eine gute Umsetzung von Projekten gleichermaßen wichtig sind. Für die Deutsche Bläserjugend ist klar, der Verband ist auf dem Weg und bleibt am Thema Inklusion dran. Es gibt hier keine fertigen Lösungen und sowohl der Bundesverband als auch seine Landesverbände mit ihren Untergliederungen bis hin zum einzelnen Verein befinden sich in einem stetigen Prozess, der durch gute Rahmenbedingungen unterstützt werden muss.

Pannel bei der Abschlusstagung des Projekts
Pannel bei der Abschlusstagung des Projekts